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Bei den San in der Kalahari
Treffen mit den Buschmännern
In der weiten Kalahari-Wüste, die von Zimbabwe bis Nambia und bis
hinunter nach Südafrika reicht, leben die San, früher auch Buschmann genannt, traditionelle
Jäger und Sammler. Als Südafrika noch Namibia besetzt hielt,
nannte man diesen Teil des Landes Bushmannland, dessen 500 km Durchmesser
aber noch weit bis nach Botswana hineinreicht. Eine der ältesten Landschaften
unserer Erde. Ein großer Teil besteht aus einer 500 bis 700 Meter
tiefen Sandschicht, aus der nur noch ganz wenige Felsberge hinausragen, wie die
Tsodilo Hills. Sie sind deswegen im weiten Umkreis als Heiligtum bekannt.
Alte Zeichnungen dort mögen tausend und mehr Jahre alt sein. Bei den
Jüngeren dachte ich oft, sie stammen erst von gestern. In der Nacht
saß ein Pavian hoch oben auf dem Fels und brüllte in die Finsternis,
während sich seine Silhuette vor dem aufgehenden Mond abzeichnete.
Die San sind in vielfacher Weise rätselhaft. Eigentlich
kann sich niemand erklären, wie diese Menschen, mit eindeutig asiatischen
Gesichtszügen und geringer Körpergröße von durchschnittlich
1,60 m, in diese Gegend nach Afrika gekommen sind. Romantiker mögen
an das Boot voller Flüchtlinge glauben, das jahrelang vor den Küsten
entlangfuhr, bis es auf dieses damals noch fruchtbare Land stieß,
das von keinem Menschen besiedelt war. Realisten beeindruckt viel mehr die Überlebensstrategie in diesem
Land, wo kaum etwas überleben kann, wo es kein Wasser und keinen fruchtbaren
Boden gibt und sich die Blüten des spärlichen Wüstengrases
mit hunderten winzigkleiner Dornen schützen, die bei jeder Berührung
sofort in die Haut dringen.
Die Buschleute konnten in der trockenen Hitze dutzende Kilometer zurücklegen,
weil sie überall Wasserdepots einrichteten. Dazu nutzen sie ausgehölte Straußeneier,
die mit einem Strohalm markiert im Sand vergraben werden. Sie jagten mit
Bogen und Pfeilen, deren Spitzen vergiftet waren, und man erzählt
von bis zu vierzig Kilometern im Lauf, die sie die angeschosssene Beute
in der trockenen Gluthitze verfolgen konnten. Die Buschleute zogen, als
die Steppen noch ihnen gehörten, dem Wild auf seinen Wanderungen hinterher.
Alte Menschen, die das nicht mehr mitmachen konnten, mußten
unter einem Baum zurückgelassen werden. "Es kommt die Nacht der
Hyänen", wurde das genannt.
Es gibt noch einige wenige, die so leben, doch die sieht man nicht.
Ihre Angst ist berechtigt: Bantus und Zulu haben sich auch nicht anders
verhalten, als ihre weißen Conquistatoren-Kollegen, und den Buschleuten
fruchtbaren Lebensraum streitig gemacht, sie oft versklavt während
der Feld- und Raubzüge im 18. und 19. Jahrhundert.
Am Rande der Kalahari sind Siedlungen gebaut worden, mit Wasserpumpen,
die der Staat oder die Entwicklungshilfe bezahlt hat. Dort beginnt man, den Menschen nun Ackerbau und
Viehzucht beizubringen, damit sie eine Chance haben in der neuen Zeit.
Es sind fröhliche Frauen und Mädchen gewesen, die uns am Wegesrand
Ketten- und Armreifen verkauft haben. Ihre Dörfer sind im Nirgendwo,
und es kommt selten mal jemand vorbei. In der einzigen, größeren
Siedlung hingegen wirkten die Leute deprimiert. Es ist nicht einfach, von
der Eisenzeit in die Moderne katapultiert zu werden. Welch ein Kontrast,
als wir beim Abflug den gut gekleideten Steward in seiner Uniform als Buschmann
identifizierten.
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