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Himba
Das stolze Volk
Auf unserer Reise durchs Kaokoveld begegneten wir den Himba. Sie sind
eine Gruppe der Herero, sprechen die gleiche Sprache und manche einzelnen
sind miteinander verwand. Trotzdem ist der Unterschied erheblich. Unter den Hereros
gab es einen blutigen Aufstand gegen die Deutschen. Sie wurden grausam besiegt.
Ihre Lebensweise ist westlichen Vorstellungen angepaßt, viele sind
Christen und ihre Stammestracht haben sie gegen eine farbenfrohe, vom viktorianischen
Zeitalter geprägte, eingetauscht. Die Himba haben jedoch ihren Lebensraum
im Kaokoveld. In der Abgeschiedenheit dieses
Landstriches behielten sie ihre Sitten und Gebräuche bei, und eine
Begegnung mit ihnen ist beeidruckend. Ich habe selten so schöne und
stolze Menschen getroffen.
Bis heute konnten nur die wenigsten Himba Frauen überzeugt werden,
das "unsittliche" oben-ohne sein zu lassen. Als Schutz gegen
die Sonne reiben sie sich mit einer Paste aus Butterfett und gemahlenem,
roten Steinstaub ein, so das oft auch ältere noch eine reine und glatte
Haut haben. Die Rastalocken werden ebenfalls damit getränkt, das Krönchen
aus Fell deutet den Status der verheirateten an. Bauchgurt und Armreifen
sind aus Metall oder Kochen. Aber auch Elemente der Neuzeit werden stilvoll
mit eingearbeitet. So hatte eine Frau sich eine Kette aus leeren Patronenhülsen
gefertigt, die wohl vom angolanischen Krieg übriggeblieben waren.
Die Halsringe werden den Jugendlichen beiden Geschlechtes umgelegt.
Die Männer tragen einen Lendenschurz,
der Kopf ist an den Seiten rasiert und die Haare oben zu einem dicken Zopf
geflochten. In einem Metallröhrchen ist Schnupftabak, obwohl manch
einer Marlboro Zigaretten nicht abgeneigt ist. In jeder New Yorker Szenedisko
wäre so ein Päärchen ein voller Erfolg.
Das Hirtenvolk ist stolz auf seine Art zu leben und sieht auch keinen
Anlaß, das zu ändern. Kann man gut verstehen, wenn man die Slumsiedelungen
weiter im Süden schon gesehen hat. Was wäre das für ein
Tausch? Die Himba sind nicht dumm und wissen eine Verbesserung ihrer Lebensituation
schon zu schätzen. Sie nehmen den Reichtum war, der hin und wieder
in Geländewagen durch ihr Land gekarrt wird, aber amüsieren sich
prächtig über diese dicken Weißen, die zwar reich sind,
aber dumm. Wird es heiß,dann schwitzen die, trotzdem hüllen sie sich in dicke Kleidung. Und
sie können noch nicht mal ein richtiges Feuer anzünden.
Man findet überall über das karstige Land verteilt die kugeligen
Lehmhütten. Das Gerüst wird aus Ästen zusammengebunden,
die mit einer Masse aus Schlamm und Dung bestrichen werden, die fest
wie Beton ist. Überall finden sich verlassene Stützpunkte für die
Wüstenbewohner, die nur so lange dort bleiben, bis das Vieh die Umgebung
abgegrast hat und man zum nächsten Platz weiterzieht. Die Vegetation
kann sich in der Zwischenzeit erholen, so daß die sorgfältig
verschlossenen Hütten später wiederbenutzt werden können. Es ist angenehm
kühl in diesen Kuppeln.
Von Opuwo, der einzigen modernen Stadt, wo man traditionell gekleidete
Frauen in einem Supermarkt einkaufen sehen kann, führt ein einigermaßen
befahrbarer Schotterweg bis zum Ufer des Flusses Kunene und die Epupa Falls.
Vor den Katarakten haben die Himba einen Handelsplatz, an den die Menschen
der Umgebung kommen, um ihr Vieh zu verkaufen und sich mit Waren des täglichen
Bedarfs einzudecken. Einige herrliche Parzellen unter Palmen sind abgeteilt
und werden als Campingplatz vermietetet. Die verstreuten Lehm und- Blechhütten
am Rande des Berghanges flößen zunächst wenig Vertrauen
ein. Ein Bewohner des Hinterlandes hat sich wohl einmal verlocken lassen,
und ein T-Shirt von der Wäscheleine gestohlen. Der Camper wandte sich
an den Häuptling, nach wenigen Minuten war das Kleidungsstück
wieder da. Als ich dann noch erfahre, das es mitten drin einen kleinen
Shop gibt, bin ich einfach mutig genug mich hineinzuwagen und für
die anderen Bier und Cola zu besorgen. Dort links hat einer unter einem
Busch Zuckersäcke gestapelt, etwas weiter eine Feuerstelle, wo eine
Familie mit zwei Ziegen und einem Esel im Schatten campiert. Die "Stadtmenschen"
aus dem Dorf selbst tragen zum Teil schon Shorts und T-Shirts, drei sitzen
vor dem Shop an einem Campingtisch, spielen Karten und trinken Bier.
Abends gehe ich aus der Deckung des Campingplatzes in die Talmitte,
setze mich dort hin, um noch eine Zigarette zu rauchen. Die letzte Parzelle
haben die Himba für sich behalten, vielleicht das Häuptlings-
oder Versammlunghaus. Dort brennt helles Gaslicht. Gesänge schallen über
das Tal. Irgendjemand erzählt etwas, ein anderer ist wohl zu vorwitzig,
ein spitzer Frauenschrei, das Klatschen einer Ohrfeige und schallendes
Gelächter. Ein Liebespaar macht sich davon und schleicht tuschelnd
am mir vorbei. Irgendwann am Abend ist das Fest beendet, und die einzelnen Gruppen
ziehen singend und lachend zurück an ihre Feuer, wo noch bis spät
in die Nacht geredet und erzählt wird..
Wir sind am Ufer des Kunene entlanggefahren, eine schon ziemlich anspruchsvolle
Off-Road Strecke, die für die beladenen Rover schon fast zu schwierig
war. Die angolanisch-namibische Grenze interessiert hier niemanden, lediglich
einen verschlafenen Grenzposten mit Hubschrauberlandeplatz haben wir auf
der 160 km langen Strecke gesehen. Hier kann das Vieh saftig weiden und die Menschen haben, was sie zum
Leben brauchen, auch wenn man gern einmal mit den vorbeikommenden Weißen
handelt. Der Fluß ist Dreh- und Angelpunkt des Lebens, und hier begraben
sie ihre Toten.
Der Kunene ist einer drei drei dauerhaften Flüsse Namibias. Epupa
Falls ist die zweite Stelle, an der Dammbau möglich wäre, und
mit skandinavischer Hilfe will man dort einen errichten. Die Pläne
sind schon fertig. Himba sind bei der Swapo Regierung nicht beliebt, einige
verdingten sich als Führer für die Südafrikaner im Krieg. Die Schwarzen
im restlichen Land stempeln die Himba als primitiv ab, da sie ja nicht
mal "richtige" Kleidung haben. Planungsgespräche finden immer in Windhoek
statt, was für die Häuptlinge eine vieltägige Reise bedeutet,
während der sie ihr Vieh und ihre Familien allein lassen müssen.
Die Himba sind wie die Schotten vor 500 Jahren. Deren blutige Geschichte
bleibt ihnen hoffentlich erspart. Der Dammbau jedoch scheint verwirklicht
zu werden. Neben der Landschaft sind diese Leute das besondere Namibias,
ein Grund, dort hinzufahren; um Menschen zu sehen, die ihre traditionelle
Lebensweise beibehalten wollen, ohne dabei zu obskuren Museumsstücken
zu werden.
Mein kleines Wörterbuch Himba
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