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Okavango Delta in Botswana
Von Maun mit dem Flugzeug zur Lodge und eine Bootsfahrt
Davon hatte ich schon vorher gehört. Das Gebiet ist einzigartig,
weil es ein Binnendelta ist: Der Fluß Okavango versickert hier mitten in der Wüste
Kalahari und hat auf einer Fläche von 68 tausend Quadratkilometern eine blühende
Landschaft entstehen lassen, dessen nährstoff- und wasserhaltige Biotope
eine wimmelnde Tier- und Pflanzenwelt entstehen ließen.
Das Okanavgo Delta ist gering erschlossen, nur einige wenige Straßen
führen hinein. Üblicherweise mietet man sich in Maun eine
der Lodges, zu denen man mit kleinen Cessna Flugzeugen gebracht wird.
Kein ganz billiger Spaß: Gerade hier in Botswana, wo der Kontrast
zwischen arm und reich oft so extrem deutlich ist, liegen die teuersten
Nationalparks in Afrika. Ein Einheimischer muß wohl über ein
Jahr schuften, um einmal einen Tag in so einer Lodge zu verbringen, wenn
er denn überhaupt so viel Geld verdient. Es läßt sich komfortabel
wohnen: Gut ausgestattete Lodges, viele an exponierter Stelle oder einfach
als Baumhaus mit Blick auf eine große Lichtung gelegen, so daß
der erste Blick morgens mal auf eine Herde Elefanten fallen kann. Duschen
mit fließendem Wasser, bei denen man endlich einmal kein schlechtes
Gewissen hat, es sich minutenlang nur zur eigenen Freude über den
Körper laufen zu lassen, angesichts der Mengen drumherum. Es gibt
eine große, offene Bar, mit kühlen Getränken unter
dem offenen Schilfdach, eine Veranda auf der man, die Füße
ausgestreckt und den Blick auf der Suche nach Wild in die Landschaft gerichtet,
von seiner Safari erzählt. Die Taylor und Richard Burton haben hier
ihre Flitterwochen verbracht. Welche davon jedoch weiß ich nicht.
Neben dem Flug bucht man nur den ersten und letzten Tag in der
Lodge selbst. Ein Guide stakt von dort aus den Gast nach Wunsch einige Tage im Moroko,
dem traditionellen, aus einem vollen Baum ausgehöhlten Boot in dieser
Gegend, durch die Wildnis. Man zeltet auf einer der Inseln zwischen den
kleinen Seen und Flußarmen, die so verwirrend gleich und dennoch
unterschiedlich aussehen, das nach wenigen Minuten schon kein Fremder mehr
zurückfinden würde.
Die Guides jedoch bringen die Besucher sicher dort durch. Um ein richtig
konzessionierter zu sein und den staatlichen Stern tragen zu dürfen,
muß man fünf Jahre die Schule besuchen. Was dort
gelehrt wird, erfahren wir schnell: Jeder Vogel, jede Antilope wird benannt.
Manchmal sehen wir selbst nach wiederholtem zeigen das Tier noch nicht,
das ein geschultes Auge nur wenige Meter entfernt für uns entdeckt
hat. Es gibt einen Vogel, der baut sein Nest in Symbiose mit der schwarzen
Mamba. Die Schlange frißt die Küken nicht, lebt jedoch sehr gut von
den Eindringlingen, die das Nest ausrauben wollen.
Das Delta ist kein Zoo, sondern richtige Wildnis, natürlicher Lebensraum wilder Tiere. Bei Büffeln
flieht man im Falle eines Angriffs hinter einen Baum und klettert dann
erst hoch; so kann man nicht eingequetscht werden. Vor dem Löwen flüchtet
man nicht, sondern bleibt stehen und starrt ihm in die Augen, so daß
sein Beuteschema gestört wird. Der Leopard hingegen wird ziemlich
wütend dabei, denn er will in seinem Versteck nicht entdeckt werden.
Manchmal werden Geschichten erzählt,
die Touristen erschrecken könnten, deshab ist das eigentlich nicht erlaubt.
Vom Guide, der sich zwischen Löwen und seine Gäste geworfen hat. Oder dem, dessen Moroko
von einem Nilpferd angegriffen wurde. Nilpferde töten in Afrika mehr
Menschen, als jedes andere Tier. Hier ist noch kein Tourist zu Tode gekommen;
die Guides sterben für sie. Es ist ihre Pflicht.
Ganz früh am morgen sitze ich mit Baghiraij und zwei anderen schon
am Feuer. Ich kann nicht mehr schlafen und biete eine Zigarette an. Gäste
und Guides kochen immer getrennt, auch wenn es das gleiche Feuer ist.
Eine traditionelle Trennlinie, die nicht nur aus dem Professionalismus
erwächst. Ich hole noch etwas von unserem Kaffeepulver und sie verstehen, was ich sagen will.
Die meisten Lodges gehören Weißen. Obwohl Botswana niemals
Kolonie war, denn an dem ausgedörrten, unfruchtbaren Land hatte niemand
Interesse. Aber Weiße sind in Afrika oft halt die, die organisieren
und aufbauen können, außerdem wissen sie, was die Gäste
aus Europa, Australien, Asien und den Staaten erwarten. Es sind nicht viele
Schwarze, die dazu in der Lage wären. Radikale Enteignungen in anderen
Ländern haben schnell zur Einsicht geführt, dass auch Weiße hier nützlich und wichtig sind. So bekommt man
in Sambia heute als Weißer Land fast geschenkt, wenn man nur etwas
aufbaut.
Denn auch hier leben die Menschen davon, dass Gäste kommen, und einige Privilegierte dafür sorgen. "Wir leben auf Abruf,
und bekommen kein festes Gehalt, sondern werden nur jeweils für die
Tour bezahlt. Wird einer krank, hat er Pech gehabt", sagt einer. "Es
ist unser Staat," ein anderer, "und trotzdem geben sie immer
nur Weißen die Genehmigung, um eine Lodge zu bauen, denn die kostet Geld. Wir können
keine Sicherheiten für einen Kredit bieten."
Ich weiß nicht ob sie mir geglaubt haben, dass man auch in Deutschland Kredite für ein Hotel braucht und
nicht jeder diese auch bekommt. Jedenfalls wurden die anderen langsam wach, und
der Tag begann. Später sahen wir Elefanten am Lager.
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