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Windhoek
Namibias Hauptstadt
Windhoek hat etwa so viele Einwohner wie Bottrop. Im ganzen Land, das
so groß ist wie Frankreich und Deutschland zusammen, leben ja
überhaupt nur etwa 1,5 Millionen Einwohner.
Wir waren verschwitzt, hatten tagelang keine Dusche gesehen und
zum Schluß nur noch Konservendosen zum Essen. Es war eine Mammutfahrt quer durchs Land, die
wir uns da zumuteten, aber abends, im italienischen Restaurant, da gab
es die Köstlichkeiten für die es sich gelohnt hatte. Auch diesesmal
verzichteten wir auf die Betten, wie die ganzen fünf Wochen, und bauten
unsere Zelte im Hof des Hostels auf. Da die Stadt so klein ist, kann man
auch aus den Außenbezirken die Fußgängerzone und die Independence
Avenue gut zu Fuß erreichen. Hier gibt es alles, was die Zivilisation
zu bieten hat, und nach Wochen im Busch nimmt man dankbar das Angebot an.
Windhoek ist eine Gründung aus der Kolonialzeit, überall finden sich noch
deutsche Namen. Das Fort auf dem Berg beherbergt heute ein eher langweiliges Staatsmuseum, aber
vor dem Tor erinnert ein Mahnmal an die knapp 300 toten Deutschen des Hereroaufstandes, nicht aber an
die 50 000 Einheimischen, die in die Wüste getrieben wurden und starben.
Die Schwarzen hat das Denkmal nie gestört, genau wie der Reiter
von Südwest, der noch immer stolz auf die Stadt herabblickt. Jetzt
soll aber eine Ergänzungstafel angebracht werden, initiiert und bezahlt
von den Weißen!
So ist das. Für das schlechte Gewissen irgendeines Ausländers
interessiert sich kein Mensch. Man hat andere Probleme. Das Unrecht, das
in deutschem Namen und danach angerichtet wurde, ist nicht
vergessen, aber hat keine Auswirkungen auf das heutige Leben. Dort wo Weiße
leben, funktioniert die Post, gibt es Wohlstand und wenig Korruption. Keiner
käme auf die Idee, den weißen Farmern, die sich das Land oft
gewaltsam nahmen, nun die fruchtbaren Landstriche wieder zu enteignen.
Es gibt zu wenig Schwarze, die eine vernünftige Ausbildung haben und
man kann es sich nicht leisten, die Kapitalkräftigen aus dem Land
zu jagen. "Für uns hat sich seit der Regierungsübernahme
der Schwarzen nicht viel geändert. Wir leben so wie vorher",
sagte mir der Mann in Peters Antikladen.
Zumindestens leicht einwandern kann man nicht mehr, wenn man nicht einen
Beruf hat, für den sich auch nach mehrmaligen Zeitunginseraten kein
Schwarzer meldet. Windhoek ist schön, hat viele, prächtige Kolonialbauten,
aber auch modernes. Man kann alles kaufen, was man so braucht und es gibt
ein übersichtliches, aber nettes Nachtleben. Angesichts der geringen Einwohnerzahl
gibt es zwar Verbrechen, aber das hält sich im Gegensatz zu den Metroplen
Südafrikas in Grenzen.
Ich habe einen Beruf, für den sich kein Schwarzer melden wird und bin
nicht gebunden. Nach Windoek hat UUNET eine Standleitung
geschaltet. Links die Stellenanzeige und rechts das Flugticket zweifelte ich einen Moment. An
320 Tagen im Jahr ist es hier sonnig. Lange Teerstraßen sind ideal
fürs Chopper-Fahren, und eine führt nach Swakopmund, wo man Käsekuchen
mit Sahne bekommt, Thüringer Bratwurst im Brötchen mit Senf und
überhaupt alles ist wie in einem deutschen Ostseebad. Der Lebensunterhalt
ist günstig, man kann fast den kompletten Astra Satellit empfangen,
und wenn es trotzdem noch Heimweh gibt, dann feiert man in Windhoek bei
einem rheinischen Karneval
mit. Und drumherum ist Afrika, auf der Schwelle
ins 20. Jahrhundert, und es gibt viel zu tun.
Fast hätte ich das Ticket verkauft. Und ich bin mir noch immer
nicht sicher. Aber es ist halt doch sehr klein, viele Weiße konservativ,
manchmal provinziell. Es sind nicht viele hübsch anzuschauen von den
weißen Frauen und ich bin für konservative Verhältnisse eh schon
sehr alt. Es gibt viele nette schwarze Frauen, aber es herrscht eine
extrem hohe Aidsrate und Verhältnisse oder Ehen zwischen schwarz
und weiß sind immer noch eine Seltenheit. Kurz und gut, dort geht
man nicht hin als Single, wenn man länger als ein Jahr bleiben will.
Ich hab das Ticket behalten.
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