Mongolei Kopf

Der Irre vom Neuhof

conrad Während wir in Tomsk waren, fuhren Conrad, Rudi und Robert nach Barnaul, um dort noch andere Bekannte zu besuchen.

Dort muß es dann passiert sein: Eine Unachtsamkeit, und zwanzig Liter Wasser verdampften zischend auf den Steinen des Saunaofens, direkt neben Conrads Beinen.

Ich war regelrecht geschockt, als er in Tomsk eintraf und uns die Bescherung zeigte. Großflächige Verbrennungen zweiten und dritten Grades, eigentlich hätte der Mann in die Obhut eines Arztes gehört.

Aber Conrad ist Conrad. Er nahmen einen tiefen Schluck aus der Wodkaflasche, fluchte laut und setzte sich dann ins Auto.

Schon am nächsten Tag erlebten wir ihn wieder hinter dem Steuer. Die Schmerzen, die er in den nächsten Wochen gehabt haben muß, hätten mich wahrscheinlich in die Bewußlosigkeit getrieben. Es bildete sich Schorf, der bei jedem Kuppeln und Bremsen aufplatzte, und eine ganze Weile befürchteten wir, das die frischen Wunden sich entzünden könnten.

Conrad fluchte und stöhnte, mehr als einmal sah ich sein Gesicht hinter der Windschutzscheibe sich schmerzverzerrt zusammenziehen. Aber Conrad fuhr weiter, die Wunde wurde trocken und im Laufe der Reise verheilte sie so gut, das man am Schluss nur noch wenig davon sah.

Ich selbst wäre mit so einer Verletzung ins nächste Flugzeug nach Hause gestiegen. Ausgesprochen bescheuert, mit so einer Wunde noch tausende Kilometer Lastwagen zu fahren. Seit dieser Zeit nannten wir Conrad nur noch "den Irren vom Neuhof". Aber in dieser Bezeichnung schwang eine Menge Respekt mit.

So wie er lebte, ist er dann auch gestorben: Einige Jahre später hatte Conrad einen Autounfall mit seinem schnellen BMW und war sofort tot.