|
Isle of Skye
Die Isle of Skye ist so etwas wie das Borkum der Schotten. Etwa vierzig oder fünfzig Kilometer in Nord-Süd Ausdehnung, ist dies eine der schönsten und meistbesuchten Inseln Großbritanniens. Deshalb ist die Infrastruktur gut ausgebaut. Leider gibt es mittlerweile sogar eine Brücke vom Festland, was viele der Einheimischen überhaupt nicht gut finden.
Es gibt keine Probleme mit der Infrastruktur, Hostels und Campgrounds sind in ausreichender Zahl vorhanden.
Ein Besuch der Kilt Rock Steilküste gehört zu den Höhepunkten des Schottland Urlaubes. Dies ist einer der wenigen Plätze, von denen ich nicht missen möchte, ein Auto gehabt zu haben. Matthes, Armin und Benne waren später auch noch einmal über Sylvester hier. Es soll ebenfalls sehr schön gewesen sein, wenn auch ganz anders, als bei unserer drei Mann Tour im Sommer.
Für meinen Ein-Mann Walk hatte ich mir einen Tip aus dem Velbinger herausgesucht. Die Bergkette im nördlichen Teil, quer duch Trotternish, steigt zur Landseite sanft an, bis etwa vierhundertundfünfzig Meter, und fällt dann in scharfen Steilhängen schroff ab. Dort oben, auf dem Grad, kann man etwa zwanzig Kilometer zwischen The Storr und Beinn Edra entlangwandern.
Der erste Tag begann traumschön. Von der Ringstraße aus verließ ich bald die Siedlungen. Es wurde zunehmend einsamer. Mittlerweile waren meine Beine trainiert, trotz der 22 Kilo auf dem Rücken ging es zügig voran. Mit jedem Schritt öffnete sich der Blick in die Ferne etwas mehr, bald tauchte die Festlandküste auf.
Nach einigen Stunden war der Anstieg geschafft, und dann, auf den letzten Metern, verschlug es mir fast den Atem: Das Massiv ist einfach nur grandios. Plötzlich steht man vor einem vierhundert Meter tiefen Abhang, sieht weit hinaus aufs Meer, und rechts und links von sich das aufgefaltete Gestein, in dessen Schichten sich die Dauer von Äonen widerspiegelt.
Hier oben, zwei Meter von der Klippe entfernt, errichtete ich mein Zelt.
In der Nacht kam ein Sturm auf. Ich wurde wach, weil mein Zelt so durchgeschüttelt wurde. Der Wind warf mich fast um, als ich rausging, um mehr Sturmhäringe einzuschlagen.
So eine Last hatte das Zelt noch nie tragen müssen. Ich bliebe die halbe Nacht wach, kochte mir einen Tee und wartete darauf, daß der Sturm etwas abflaut.
Am Morgen ließ ich mir Zeit zu zum Nachdenken. Die Sturmwolken wurden hier oben zu dichtem Nebel. Es war gefährlich, bei so geringer Sicht aufzubrechen. Dem Weg die Klippen entlang noch weiter zu folgen, hatte sich sowieso erledigt.
Mit dieser Gewalt hatte ich aber nicht gerechnet, und es sah ganz so aus, als wollte der Wind noch zunehmen.
Das Zelt würde das auf keinen Fall mitmachen. Ich entschied mich, den Abstieg zu wagen. Ganz vorsichtig tastete ich mich nach unten, nutzte jede Orientierung, die ich finden konnte und markierte mir Wegepunkte mit Steinen. Metallhaltiger Fels soll hier den Kompass stören können. Jeder Schritt volle Konzentration. Wurde der Grund zu steil, hieß es sich zurückzuziehen. Die Trampelpfade überall stammten zum größten Teil von Schafen. Darauf sollte man sich erst recht nicht einlassen, die Tiere sind ja doch um einiges geländegängiger als der Mensch.
Diese Aktion war wirklich gefährlich und mir war alles andere als wohl zumute. Auf einem Vorsprung oder einer Klippe gelandet, wäre mir nichts anderes geblieben, als dort nur mit dem Schafsack als Schutz auszuharren, bis das Wetter sich gebessert hätte.
So tastete ich mich Meter um Meter bergab. Sechs Stunden brauchte ich für einen Weg, der unter guten Bedingungen vielleicht in anderthalb zu machen gewesen wäre. Schon völlig ausgelaugt, landete ich auch noch mitten in einer Baumschonung, die weiträumig zu umgehen war. Da allerdings wußte ich, daß die Gefahr vorüber war, denn irgendwo mußte es auch einen Fahrweg geben. Der freundliche Bauer, der das Taxi rief, erzählte mir noch die Geschichte der beiden Deutschen, die weniger Glück gehabt hatten. Sie wollten wohl in der Dunkelheit vom Gipfel fliehen. Einer stürzte den Abhang hinunter. Vom Schrei seines Freundes alarmiert, geriet der andere wohl in Panik, wollte nachsehen und stürzte hinterher.
Man fand die beiden erst Monate später.
|